Teil 1:
Lasst uns doch auch einmal über den eliminatorischen, jahrhundertealten russischen Antisemitismus reden.
Der Stählerne | Jüdische Allgemeine
Russia is the global leader in Jew-hate - The Jewish Chronicle
Denn schon das Wort POGROM ist ein russisches Wort, das einen Angriff bezeichnet, der mit Zerstörung, Plünderung von Eigentum, Mord und Vergewaltigung einhergeht und von einer Bevölkerungsgruppe gegen eine andere verübt wird. (russisch #погром‚Verwüstung, Zertrümmerung) und steht für Hetze und gewalttätige Angriffe gegen Leben und Besitz einer religiösen, nationalen oder ethnischen Minderheit mit Duldung oder Unterstützung der Staatsgewalt.
Als internationaler Begriff wird das Wort "Pogrom" zwar heute in vielen Sprachen verwendet, insbesondere aber um die von Plünderungen und Blutvergießen aus den antijüdischen Übergriffen der Jahre 1881 bis 1883 in Russland zu beschreiben, welche bis heute weder aufgearbeitet, noch bedauert wurden. Nicht umsonst sind sehr viele Juden nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion nach Israel, in die Ukraine und auch sehr viele nach Deutschland geflüchtet.
Die Juden Russlands wurden Opfer dreier großer Pogromwellen, von denen jede die vorangegangene an Ausmaß und Grausamkeit übertraf. Sie fanden zwischen 1881 und 1884, 1903 und 1906 sowie 1917 und 1921 statt.
Allerdings gab es schon 1734 und 1750 durch russische Räuberbanden Massaker an Juden und auch an Polen.
Grund war wohl ein gefälschtes Dekret Katharinas II., das die Ausrottung der Juden und der Polen anordnete.
Daraufhin fegten im Frühjahr 1768 Haidamack-Banden über die Regierung von Kyiv hinweg, töteten Polen und Juden und verwüsteten Städte und Dörfer. Oft hängten sie einen Polen, einen Juden und einen Hund gemeinsam an einem Baum auf, mit der Inschrift: "Ein Pole, ein Jude und ein Hund - alle von einem Glauben". Tausende von Juden und Polen flohen.
Wir wollen uns in diesem Teil aber erst einmal mit den nachweisbaren Pogromen der 1880er Jahre beschäftigen, denn diese fielen in die Zeit, als in Russland die Ermordung von Zar Alexander ll. durch Mitglieder der revolutionären Organisation Narodnaja Wolja am 13. März 1881 stattfanden.
Antijüdische Kreise verbreiteten das Gerücht, der Zar sei von Juden ermordet worden und die Regierung habe Angriffe auf sie genehmigt. Die Pogrome wurden auch von einigen revolutionären Kreisen unterstützt, die in dieser Aktion eine Vorstufe zum Aufwachen der Massen sahen, die zur Beseitigung des bestehenden Regimes führen sollte.
Das erste Pogrom ereignete sich Ende April 1881 in der Stadt Jelisawetgrad (Kirowograd) in der unter Russlands Fuchtel stehenden Ostukraine. Von dort aus breitete sich die Pogromwelle auf die umliegenden Dörfer und Städtchen aus - etwa 30 an der Zahl.
Anfang Mai griffen die Pogrome auf die Provinzen Cherson, Taurida, Jekaterinoslaw (Dnepropropetrowsk), Poltawa und Tschernigow über. Auch in Odessa gab es Übergriffe. Darüber hatte ich schon einmal geschrieben, ich stelle diesen älteren Beitrag in den Kommentarbereich noch einmal ein.
Der schwerste Angriff wurde in Kyiv an drei Tagen ab dem 26. April verübt. Jüdische Häuser und Geschäfte wurden geplündert und viele Menschen verletzt; 762 Familien wurden völlig ruiniert. Der angerichtete Schaden wurde auf 1.750.000 Rubel geschätzt. Die Gewalttaten fanden vor den Augen des russischen Generalgouverneurs, seines Personals und der Polizei statt, die keinen Versuch unternahm, die Randalierer zu bändigen.
In den Monaten Juli und August kam es erneut zu einer Reihe von Pogromen in den Provinzen Tschernigow und Poltawa. In diesem Zeitraum beschränkten sich die Pogrome im Wesentlichen auf die Zerstörung und Plünderung von Eigentum sowie auf Schläge. Die Zahl der Toten war gering.
Die Pogrome fanden in einer begrenzten geografischen Region statt - im Süden und Osten der Ukraine. Hier gab es eine Kombination erschwerender Umstände: Die traditionelle Aufsässigkeit, die Tradition des Judenhasses und der Judenverfolgungen aus dem 17. und 18. Jahrhundert (die Massaker Haidamacks s. o.) und eine extremistische revolutionäre russische Bewegung, die keine Skrupel bei ihren Methoden hatte.
Nach den Pogromen im Frühjahr und Sommer 1881 beruhigte sich die Lage, obwohl es in verschiedenen Teilen des Landes immer wieder zu Pogromen kam.
Am 21. Juni 1882 veröffentlichte der neue Innenminister Graf D. Tolstoi einen Erlass, der die Schuld an den Pogromen den Gouverneuren der Provinzen zuschrieb und erklärte, dass "jede Nachlässigkeit der Verwaltung und der Polizei die Entlassung der Schuldigen aus ihren Ämtern zur Folge haben würde". Dennoch kam es in den folgenden etwa zwei Jahren immer wieder zu vereinzelten Pogromen.
Im Frühjahr 1883 brach eine plötzliche Welle von Pogromen in den Städten Rostow und Jekaterinoslaw und deren Umgebung aus. Der letzte große Ausbruch ereignete sich im Juni 1884 in Nischni Nowgorod wo der Mob die Juden des Kanavino- Viertels angriff, neun von ihnen tötete und viel Eigentum plünderte. Die Behörden stellten über 70 der Randalierer vor Gericht und verhängten schwere Haftstrafen gegen sie. Dies markierte das Ende der ersten Pogromwelle in Russland.
Die Pogrome der 1880er Jahre hatten großen Einfluss auf die Geschichte des russischen Judentums. In ihrem Gefolge verfolgte die russische Regierung eine systematische Politik der Diskriminierung mit dem Ziel, die Juden aus ihren wirtschaftlichen und öffentlichen Positionen zu entfernen. Dies geschah entweder durch restriktive Gesetze (die Maigesetze von 1882, die prozentuale Zulassungsnorm (numerus clausus) für weiterführende Schulen, höhere Bildungseinrichtungen usw.) oder durch administrativen Druck, der mit der Ausweisung der Juden aus Moskau 1891/92 seinen Höhepunkt erreichte.
Es begann eine massenhafte jüdische Auswanderung aus Russland in die Vereinigten Staaten und andere Länder. Das Jahr 1881, das erste Jahr der Pogrome, war ein Wendepunkt nicht nur für das russische Judentum, sondern auch für das gesamte jüdische Volk.
Anmerkung: Auch Die Protokolle der Weisen von Zion sind ein antisemitisches Pamphlet russischer Autorenschaft . Es wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf der Grundlage mehrerer fiktionalerTexte erstellt und gilt als einflussreiche Programmschrift antisemitischen Verschwörungsdenkens. Die Protokolle geben vor, die Pläne jüdischer Weltverschwörer wiederzugeben. Eine erste, russischsprachige Version erschien 1903 im Russischen Kaiserreich.
Im nächsten Teil geht es um die Pogrome von 1903 bis 1906. Das Bild zeigt jüdische Flüchtlinge in Liverpool 1882.
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